Schon immer wurden Artefakte in andere Medien überführt. Die Beispiele sind zahllos:
Antonio Vivaldi führt uns durch die „Jahreszeiten“, Beethoven lässt uns „Wellingtons Sieg“ erleben und Modest Mussorgsky macht die 'Bilder einer Ausstellung’ durch das Klavier hörbar. Richard Strauß hat mit ‚Zarathustra’ Werk und Person in Töne gesetzt und Nikolai Rimski-Korsakow fliegt mit uns per „Hummelflug“ über blühenden Wiesen.
Seit ewigen Zeiten verleihen Tänzer und Pantomimen Gefühlen körperlichen Ausdruck, werden Geschichten und Geschichte auf dem Theater erzählt und Schriftsteller beschreiben nicht nur, sondern adaptieren Bilder, Räume und Töne mit Sprache.
Wassily Kandinsky entwickelte seine Farbtheorie, die es ihm ermöglichte Musik zu malen, und Jimi Hendrix konnte seine Musik besser in Farben als in Noten ausdrücken.
Mit dem Film wurde das Adaptionsmedium schlechthin gefunden– Romane, Opern, Biografien, Sachbücher, Berichte und Gedichte werden ‚verfilmt’ und nichts ist geblieben, was sich einer Adaption durch bewegte Bilder entziehen konnte. Denkt man.
Ein Gesetz zu verfilmen, ein Prosawerk, geschrieben in der präzisesten, trockensten Sprache, die die Menschheit hervorgebracht hat, diesen Einfall hatte noch keiner.
Es war Harald Sieblers Idee, sich das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vorzunehmen und ausgerechnet die ersten 19 Artikel, die wir als Grundrechte kennen, zu verfilmen. Jene Rechte also, die die ethische Basis un-serer gesamten Gesetzgebung bilden.
Aber mit welcher Herkulesarbeit diese Pioniertat verbunden war, das konnte er im Frühjahr 2004 noch nicht ahnen.