|
|
Fortsetung des Interviews mit Harald Siebler
Ich sage nicht, dass alles schlecht ist, was sich ändert. Darum geht es gar nicht. Aber wenn sich etwas ändert, muss das doch auch ins Bewusstsein der Leute eindringen. Demokratie hat doch einen Anspruch und diese Demokratie hat den Anspruch der Selbstverantwortlichkeit des Individuums. Aber es ist doch ein Hammer, wenn man diesen Evolutionsschritt einmal vollzieht und dann in die andere Richtung läuft. Dann wäre es ehrlicher zu sagen: Weg mit diesem Grund-gesetz, her mit einer neuen Verfassung, die das formuliert, was hier anscheinend gewünscht wird. Demokratie haben wir doch. Klar, super.
Genau da war mein Ansatzpunkt, diese Untersuchung sollte geführt werden und natürlich mit Leuten, die nicht alle so denken wie ich. Auch bei den Regisseuren
wollte ich Leute einbinden, die nicht mit der gleichen Haltung an die Dinge rangehen, sondern vielleicht auch mit einer Haltung, mit der ich auf Kriegsfuß stehe.
Wie will man eine Vielfalt erzählen, wenn man nicht auch Gegenmeinung integriert? Das ist ein Teil des Experiments, das ist auch ein Versuch, Demokratie an Stellen
zu fordern, an denen sie gar nicht mehr vorhanden ist. Es war eine tolle Erfahrung, Mitstreiter zu finden, die merken, dass an dem Projekt was dran ist, dass man da
was untersuchen, dass man da was tun kann. Leute, die anfangen zu leuchten, die sich erinnern und die auch mal Ideale hatten und jetzt in diese Richtung gehen, die
sie längst an den Nagel gehängt hatten. Aber auch junge Leute, die die Unzufrie-denheit, mit der sie hier aufwachsen, nicht benennen können, aber auf einmal
merken, dass da ein kleiner Schlüssel liegt, mit dem man Türen öffnen kann. All
diese tollen Dinge finden dann in einem Projekt mit so vielen Menschen tatsächlich statt!
Für das Projekt gibt es wenig Geld – es gab Fördermittel der Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb), nur in der Projektentwicklung. Weitere Fördermittel für die Projektentwicklung gab es vom Medienboard Berlin-Brandenburg, aber keine Pro-duktionsförderung, auch interessant – das sind so die Anfänge. Es gibt private Geld-geber, die in die Idee investierten und ins Risiko gingen. Freunde, Bekannte oder
auch Leute, die ich durch das Projekt erst kennen gelernt habe, die alle wussten,
dass sie unter Umständen keinen Cent wieder sehen werden, aber die Idee wichtig fanden
Letztens hat jemand gesagt: „Diese Arbeit, die ich jetzt für Sie machen werde,
brauchen sie nicht zu bezahlen. Ihre Währung ist GG 19“. Das hat mich wirklich zu
Tränen gerührt, bei den Widerständen und der Häme, die man sonst erlebt. Da
wurde
mir wieder bewusst, dass es mehr ist als ein Film, was da produziert wird, nämlich die Idee: ANSTIFTEN ZUR DEMOKRATIE. Anstiften zur Demokratie, das
klingt ja wie brandstiften. Leute anstiften, das zu tun, was eigentlich die Regel sein
sollte. Ein schöner Widerspruch.
Als nächstes kam eine ganz tolle Unterstützung vom BKM, damals noch von Frau
Weiß, aber auch aus der Beamtenschaft. Es gab ganz großartige Unterstützung.
Und nicht nur die Zusagen wurden eingehalten, man konnte sich auch auf Dinge verlassen, die nur am Telefon ausgesprochen wurden. Auch der fliegende Wechsel
der Staatsminister von Frau Weiß zu Herrn Neumann hat wunderbar geklappt.
Auch er war und ist ein starker Unterstützer des Projektes. Die Unterstützung war
und ist parteiübergreifend. Aber auch die Ablehnung und der Gegenwind. Schöne Erfahrung.
Dann hat der Film- Fernsehfond Bayern (FFF) Geld gegeben, MDM, die Nordmedia.
Alles Summen weit unter 100.000 € und insgesamt ein Zehntel von dem, was es
kosten würde, einen normalen Film zu machen. Die MDM hat mit € 80.000 den
größten Batzen von den Filmförderern gegeben, das ist beeindruckend, großartig,
dafür kann ich ihnen nur meinen Respekt zollen. Kleinere Summen, unter € 10.000 kamen noch von der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein und der
Kulturellen Filmförderung Mecklenburg-Vorpommern. Erst sehr viel später, nach endlosen Diskussionen und vielen Schwierigkeiten, kamen dann die Sender dazu.
Auch ein Novum: ARD und ZDF gemeinsam! Die ARD brachte Mittel gleich aus drei Sendeanstalten: SWR, WDR und BR-alpha.
Damit hatte das Projekt eine Basis. Aber es brauchte mehr. Viele Partner, große
und kleine, weil auch die Masse da wirklich entscheidend wird. Was Dienstleister
wie
ARRI, CineGate, Geyer für uns geleistet haben, das ist wirklich irre. Einfach weil
sie
das Projekt gut fanden und es unterstützen wollten. Ohne die wäre das Projekt
auf diesem Niveau nicht zu bewältigen gewesen.
weiter
|
|